Dienstag, April 4

Leser*innenbriefe zum Folkigen Rundbrief Nr. 2017-01




Ihren Aufsatz habe ich mit großem Interesse gelesen und kann Ihren Gedanken wunderbar folgen. Mir selbst ist eigentlich auch nur eine plattdeutsche, kölsche und pfälzisch/badische Heimatmusik bekannt, aber ich muss auch sagen, dass es hier in Bayern die facettenreichste Musik gibt, liegt aber auch daran, dass ich hier lebe und das alles erlebe und zu selten in den benachbarten Bundesländern bin, und wenn, dann meist in den Großstädten, wo der Dialekt fast weg ist.
Übrigens gibt es beim Bayerischen Rundfunk noch eine wunderbare Sendung jeden Samstag um die Mittagszeit auf BR Heimat. https://www.br.de/radio/br-heimat/sendungen/schmankerl/index.html. Letzten Samstag mit tollem Feature über a daneem. 
Yvonne Worthman, bsc music, München (18.3.2917)

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....vielen Dank und viele Grüsse aus Bayreuth.
Sandy Wolfrum, intraton, Bayreuth (18.3.2017)

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Klasse Text!!!! Hammer
Musikalisches Grüßle
Markus Stricker, Wendrsonn, Sulzbach an der Murr (18.3.2017)

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danke für Deine fleißige "Nachrichten-Aktivitäten"; ich staune immer wieder, wie Du das alles "nebenbei" schaffst!
Zu dem Artikel "Heimatmusik" möchte ich hier ein paar Anmerkungen machen:
Musiktechnisch bin ich zwar leider nicht einmal annäherungsweise auf Deinem Kenntnisstand, aber das Thema "Dialekt/Mundart" hat mich immer wieder beschäftigt, und Deine freimütige Äußerung zu Deiner jugendlichen Wahrnehmung dieser Kommunikationsform animiert mich zu dieser Mail.
Ich stamme aus dem Saarland, aus einem dörflichen Umfeld und eher einfachen gesellschaftlichen Verhältnissen. Die mündliche Verständigung erfolgte dort - abgesehen vom sprachlich streng geregelten Schulunterricht und später im Gespräch mit Universitätsdozenten - ausschließlich in der lokalen Mundart. Letztere unterschied sich von Ort zu Ort in einigen Details, so dass man auf 2-3 km exakt wusste, "woher jemand kommt". Während man bei (italienischen) Gastarbeiterfamilien oder anderen "Ausländern" tolerierte, dass sie nicht "richtig" sprachen, galt Hochdeutsch als selbstausgrenzend und dünkelhaft: Als im Gymnasium ein Mädel aus Hanau in unsere Klasse kam, dauerte es eine ganze Weile, bis sie als Person akzeptiert wurde (... "weil sie ja nichts für ihr Hochdeutsch konnte"). Musikalisch kam Mundart zu meiner Jugendzeit (meines Wissens) nicht vor.
Weshalb ich Dir schreibe, geht aber auf einen anderen Aspekt zurück: Nach meiner Erfahrung schuf die eigene Mundart eine spezifische Form von Kommunität, die ich nicht exakt soziologisch benennen kann und die mittlerweile in dieser Form auch nicht mehr existiert. Der immer stärkere und früher einsetzende Kontakt mit Medien aller Art und der (zumindest von mir so wahrgenommene) Rückgang an verbaler Kommunikation (in der Familie, unter Nachbarn, Freunden etc.) hat die sprachliche Identität (im Sinne einer lokalen Herkunft) immer mehr verwischt; selbst meine 85-jährige Mutter nutzt manche Begriffe nicht mehr und ersetzt sie durch quasi-hochdeutsche. Stattdessen lässt gesprochene Sprache heute allenfalls soziale Zugehörigkeiten erkennen, die Abgrenzung fördert anstatt Vielfalt zu spiegeln.
Die Verflachung der Mundarten ist aus meiner Sicht unter anderem deshalb bedauerlich, weil dort eine ganze Reihe von Nuancen, v.a. emotionaler Art, pointiert zum Ausdruck gebracht werden konnten, die keine schriftdeutsche Entsprechung haben. Bis heute fallen mir zu manchen Begriffen allenfalls langatmige Umschreibungen ein...
Im Bereich der Wissenschaften sieht das sicher anders aus; aber auch unabhängig von der Musik bergen Mundarten einen Schatz, der leider mangels Gebrauch in Vergessenheit zu geraten droht.

Dir noch einen schönen Sonntag und
herzliche Grüße

Edith Schlesinger, Theologin, Bonn (19.3.2017)